15.07.2017 Tag 1 in Evje, Kjeragbolten

Heute haben wir das Gepäck mit Masse an der Hütte gelassen und haben Bekleidung zum Wandern dabei. Es geht zum 158 km entfernten Kjeragbolten am Lysefjord. Eigentlich schon verrückt, da fahren wir eine so lange Strecke um auf einen Hügel oder Berg zu steigen. Die Fahrzeit für eine Strecke dauert gut zwei Stunden. Die Landschaft ist absolut genial. Leider sitzt uns die Zeit etwas im Nacken, so daß wir es versäumen morgens gleich Bilder zu machen. Es ist einfach traumhaft wenn der Frühnebel wie ein Wattebausch sich aus dem Tal erhebt. Hier wohnen bestimmt überall Trolle. Kurz vor 11:00 Uhr kommen wir auf dem bereits gut gefüllten Parkplatz zum Aufstieg an. Die Motoradsachen werden in die Ortliebsäcke und Packtaschen verstaut. 

Auf gehts der Berg ruft! 
Sicher bin ich mir nicht ob es richtig ist was wir hier vor haben. Es geht über einen schmalen Weg, der steil bergan führt über blanke Felsen sowie teilweise an Stahlketten nach oben. Einige  der anderen Besucher haben es wie überall im Leben total eilig nach oben zu kommen, andere trauen sich nicht richtig den nächsten Schritt zu machen, es geht ja auch steil bergab. Wenn man hier einen falschen Schritt macht, kann dieses verheerende Folgen für Leib und Leben haben. In Deutschland wäre so ein Weg aus Sicherheitsgründen bestimmt gesperrt. Hier aber quälen sich alle Altersgruppen und Körpermaße, aus allen Nationen der Welt, diesen Anstieg hinauf. Teilweise klettert man wenige Meter den Hang hoch und bleibt dann erstmal zum Luftholen stehen. Es fiel mir recht schwer, den richtigen Rhythmus zu finden. Nachdem wir auf dem ersten Berg angekommen waren sahen wir am Horizont ganz kleine Menschen auf dem nächsten Berg. Auf dem Campingplatz hatte man uns gesagt, in 1,5 Stunden ist man oben am Ziel. Ich hatte zuvor von 2,5 Stunden gelesen. Eigentlich hatten wir beide die Nase gestrichen voll. Sabine entschied sich hier zu bleiben ein paar Fotos zu machen und dann lieber unten zum Fjord zu fahren und Gegend zu genießen. So verblieben wir so, dass wir getrennt weiter gehen und dann auch selbständig zur Hütte zurück fahren. Ich mußte nun in ein Tal hinunter klettern, genauso mühevoll wie es auch rauf ging. In der Talsohle angekommen wartete nach 20 Metern schon wieder ein Aufstieg von ca. 400 m, genauso wie zuvor, dieses wiederholte sich dann noch einmal. Anschließend geht man auf einem schrägen Plateau nochmals 800 m bis man den durch eine kleine Schlucht steigen muß und vor dem berühmten Anblick des eingeklemmten Felsens steht. Natürlich lassen sich alle wenn sie darauf stehen Fotografieren. Als ich um die nächste Ecke komme, von wo aus der Felsen bestiegen werden kann traue ich meinen Augen nicht. Hier steht eine riesige Schlange von Menschen an, nur um ein Bild von sich auf dem Felsen zu bekommen. Die Wartezeit am Ende der Schlange bis zum Foto schätze ich auf knappe zwei Stunden. Ich verzichte, suche mir ein Plätzchen am Abgrund und genieße meine innere Zufriedenheit. Zum Glück habe ich ja nicht nur mein Schweißtüchlein, sondern auch Wasser, einen Apfel und leckeres Studentenfutter mit. Das brauche ich jetzt auch, denn der Rückweg ist nicht weniger anstrengend. Gegen 15:00 Uhr erreiche ich wieder den Parkplatz. Die Fußsohlen brennen vom bergab gehen. Der Rest meines Körpers weiß noch nicht ob er zittern soll oder auch nicht. Eine riesen große Erleichterung und Zufriedenheit sowie ein enormes Glücksgefühl durchfährt mich jetzt. Es ist gute drei Jahre her, da haben mich Chirurgen in Kiel nach einem schweren Motorradunfall wieder zusammen geschraubt und heute habe ich diese Leistung abrufen können. Auf dem Motorrad sitzen und fahren ist eine Sache, aber 1200 Höhenmeter auf 10 km Länge in knapp 4 Stunden ist etwas anders. 
Schnell aus den durchgeschwitzten Sachen raus und die Motorradbekleidung wieder an. Was für ein komisches Gefühl wieder auf dem Motorrad zu sitzen. Gegen 18:00 Uhr komme ich mehr als zufrieden wieder an der Hütte an. Sabine erwartet mich schon mit Kaffee und Keksen. 

1000 Meter geht es hier hinunter!